ETU Europameister der AK40 oder auch „Wiedergutmachung in Holland“
Nachdem ich im Juli bei der Challenge Roth aufgrund von Magenproblemen, die härteste Langdistanz mit dem längsten Spaziergang meiner Karriere erleben durfte war klar, dass ich meine Topform der laufenden Saison anderweitig unter Beweis stellen musste.
Eine Veranstaltung war schnell gefunden – im niederländischen Almere, wo die älteste Langdistanz Europas statt findet – und freie Startplätze gab es auch noch.
Als Schmankerl kommt hinzu, dass zeitgleich die ETU-Europameisterschaft auf der Langdistanz abgehalten wurde. Hierfür muss man in die Triathlon Agegroup Nationalmannschaft der DTU kommen und sich auf das schwarz-rot-goldene Wettkampfoutfit bewerben. Es wurden diverse Wettkampfergebnisse abgefragt und anscheinend waren diese gut genug, so dass ich im Nationaldress an den Start gehen durfte.
Angereist nach Holland bin ich mit dem Ziel unter 9 ½ Stunden zu finishen und somit meine persönliche Bestzeit zu unterbieten bzw. meinen Frieden mit der Langdistanz zu schließen.
Die Location im Vorort von Amsterdam ist wirklich toll, hat man in Almere die vermutlich längste Einkaufsmeile mit vielen Tiefgaragen direkt am Wettkampfgelänge und somit eine stressfreie Anreise am Wettkampftag.
Die Wettervorhersage für das Rennen war auch gut; lediglich die mittlerweile niedrigen Temperaturen in den Morgenstunden bereiteten mir etwas Kopfzerbrechen.
Am Renntag begann alles sehr routiniert, obwohl meine größten Fans, die beiden Kinder Tom und Lucy, diesmal nicht dabei waren.
Im 18 Grad kalten Weerwater habe ich mich wie gewohnt ganz links positioniert, um beim Schwimmen das Feld beobachten zu können.
Bereits nach 500 m konnte ich hinter der ersten Boje die Führung im ca. 300 Athleten großen EM-Starterfeld übernehmen. Dann wurde gegen den Sonnenaufgang geschwommen und ich wurde so stark geblendet, dass ich die Spitzengruppe in die falsche Richtung führte. Ein Boot der Wasserwacht hat nach einiger Zeit meinen Weg blockiert und mir lautstark zugerufen „go back on track…“!
Nach 1,9 km ging es in eine weitere Runde – ab jetzt musste ich mich durch das komplette Mittelfeld der offenen Klasse kämpfen und bekam den ein oder anderen Schlag ab.
Erst beim Ausstieg realisierte ich, dass außer den vor uns gestarteten Profis, niemand vor mir aus dem Wasser ging. Ich hatte meine gute Schwimmleistung aus Roth nochmal unterbieten können und war nach 53:51 min mit persönlicher Bestzeit wieder an Land.
Im Wechsel 1 lief alles nach Plan, war aber sehr ungewohnt sich alleine umzuziehen. Ich hatte gehofft hier nochmal ein Blick auf die Konkurrenz zu bekommen, wie viel Kleidung bei den kühlen Temperaturen von nur 13 Grad angebracht ist.
Die Radstrecke war in 2 Runden mit 90km aufgeteilt und verlief über viele Kilometer auf einem Deich, warum es im wahrsten Sinne des Wortes ein Kampf gegen Windmühlen wurde.
Auf der Paradedisziplin hatte ich den Anfängerfehler gemacht, mich von den niedrigeren Geschwindigkeiten im Gegenwind fehlleiten zu lassen. Ich fuhr die erste Runde über meinen Möglichkeiten um den Schnitt hoch zu halten, musste dann aber in der zweiten Streckenhälfte dafür bezahlen. Erste Anzeichen von Krämpfe ließen mich bangen, ob der Marathon wie in Roth wieder ein Spaziergang wird.
Der 2. Wechsel war routiniert und der Laufrythmus schnell gefunden.
So kam es dazu, dass ich auch hier zu schnell angegangen bin und nach 3 von 6 Laufrunden machten die Oberschenkel und die Waden zu.
Meine Frau Stephanie konnte mich aber ermutigen im Rennen zu bleiben und die letzten 21km des Marathons wurden zur mentalen Herausforderung.
Die Muskeln krampften und der Laufschritt wurde immer undynamischer; auch die Gehpausen in den Verpflegungsstationen wurden länger.
Letzten Endes siegte der Kopf über den Körper und ich konnte überglücklich sowohl mein anfangs gesetztes Ziel erreichen und in 9:26h über die Ziellinie laufen, als auch die Lorbeeren für die Schinderei ernten und den ETU-Europameister-Titel in der AK40 im Gepäck mit nach Hause nehmen. Die Wiedergutmachung nach Roth ist somit vollbracht und ich kann entspannt in die Off-Season gehen.